Ehemaliger Flughafen Gütersloh – Zivile Nutzung statt Remilitarisierung! Nr. 4

Seit Mai 2023 gibt es Hinweise, dass der ehemalige Flughafen Gütersloh erneut militärisch genutzt werden soll. Laut lokaler Medien prüft das US-Militär angesichts des Krieges in der Ukraine, neue militärische Kapazitäten in der Region aufzubauen. Ab Oktober 2023 erhalten Sie hier Einschätzungen, Hintergründe und aktuelle Nachrichten zu den weiteren Entwicklungen.

22.10.2023

Ehemaliges Flughafengelände

In der vergangenen Woche fand in Gütersloh eine erste Versammlung statt, die sich mit der Zukunft des ehemaligen Flughafens Gütersloh unter dem Eindruck des bekannt gewordenen US-amerikanischen Nutzungsinteresses befasste. Knapp 30 Personen waren der Einladung des Initiators Dirk Steinberger unter der Überschrift „Keine Re-Militarisierung – Flughafen Gütersloh bleibt zivilisiert“ gefolgt. Die lokalen Medien Neue Westfälische und Die Glocke berichteten über den Verlauf des Abends.

Eine Fragestellung des Abends war, aus welchen Motivationen heraus Bürger und Bürgerinnen einer neuen militärischen Nutzung des Areals ablehnend gegenüberstehen. Denkbar sind viele Gründe und Motivationen:

  • Menschen, die eine bislang in Aussicht stehende zivile Nutzung befürworten, die Ansiedlung neuer Gewerbe, Raum für Naturschutz und Naherholung, die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft;
  • Menschen, die Fluglärm befürchten;
  • Menschen, die Krieg und Militär für eine Ausprägung männlicher Weltgestaltung halten, die seit jeher Leid und Unheil mit sich bringt;
  • Menschen, die als Nachbarn um die  Lebensqualität ihrer Wohnorte fürchten;
  • Menschen, die Angst davor haben, dass die Heimatregion zum Ziel feindlicher Angriffe wird;
  • Menschen, die Entscheidungen dieser Tragweite als Ergebnis demokratische Willensbildung sehen wollen statt als behördliche Anordnung;
  • Menschen, die als Anlieger über Jahrzehnte erlebt haben, wie sehr der Flugbetrieb den Alltag beeinflusst und belastet;
  • Menschen, die in Zeiten des Klimawandels als unverantwortlich ansehen, Millionen und Milliarden Euros oder US-Dollars in die Rüstung zu stecken, ganz abgesehen von den Emissionen, die Rüstung, Militär und Krieg von sich aus zusätzlich erzeugen;
  • Menschen, die gerade auch nach dem Verlauf der letzten Jahrzehnte nicht daran glauben, dass westlich geführte Militäroperationen die Welt zu einem besseren Ort gemacht haben.

Nicht alle Argumente kamen an dem Abend zur Sprache, doch lässt sich vermuten, dass es insgesamt sehr viele Menschen sein werden , vielleicht sogar eine zivilgesellschaftliche Mehrheit, die sich gegen und nicht für einen US- Stützpunkt Guetersloh Air Base aussprechen würden.

In einem Grußwort von Eugen Drewermann,  bekannter Theologe, Psychoanalytiker und Schriftsteller wurde gerade der Aspekt der zurückliegenden westlichen Militäroperationen aufgegriffen: „1991 Irak, 1995 Balkan, 1999 Serbien, 2001 Afghanistan, 2003 wieder: Irak, 2011 Libyen, 2014 Syrien, mit den Nebenschauplätzen Jemen, Mali, Somalia, Niger, Burkina Faso… Soll das so weitergehen? Das Militär löst keine Probleme, es verursacht und vergrößert sie.“

Eine weitere Fragestellung des Abends war, wie ein Engagement gegen eine Remilitarisierung aussehen kann und wie aussichtsreich oder aussichtslos es ist.

Wie ein Engagement aussehen kann, darüber gab ein weiteres Grußwort der „Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Bodenlärm und Umweltverschmutzung“ mit Sitz in Kaiserslautern Auskunft, die als eingetragener Verein mit Gemeinnützigkeit seit 2001 besteht. Anlass war der geplante Ausbau der US Air Base Ramstein bei gleichzeitiger Verlegung des militärischen Teils der Rhein-Main-Airbase Frankfurt nach Ramstein bzw. Spangdahlem. Zur Arbeitsweise einer Initiative gab es folgende Einblicke und Empfehlungen:

  • Ständige Beschwerden bei den Verursachern;
  • Kontakte zur Lokal- und Landespolitik;
  • Erstellen und Versand per Email von Überfluglisten zur Radarerkennung der Flugbewegungen;
  • Gründung einer Bürgerinitiative, um gut funktionierende Netzwerke erstellen zu können und zu unterhalten;
  • Beachtung des Genehmigungsverfahrens bis hin zum Klageweg, der per se den Umweltverbänden – BUND und NABU- zusteht und auch zulässig ist.

Eine Initiative gegen eine Remilitarisierung wird sich auch auf die Erfahrungen jener Bürgerinitiative zurückgreifen können, die im Beitrag von Eugen Drewermann erwähnt wird: Dem Protest gegen eine militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heide in Brandenburg. Das ehemals von der russischen Armee genutzte Gelände sollte als Militärübungsgelände weitergenutzt werden. Der Fortgang wird auf der Webseite der Kyritz-Ruppiner-Heide dargestellt: „Seit 1994 war der Bund Eigentümer des Areals und die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gemeinsam mit der Bundeswehr für das Gelände verantwortlich. (…) Begangene Verfahrensfehler ermöglichten es, dass man gegen die Nachnutzungspläne der Bundeswehr juristisch vorgehen konnte. Die Proteste rissen nicht ab. 17 Jahre währte der friedliche Kampf gegen die militärische Nutzung. (…) Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes vom März 2009 fiel positiv für die Protestler aus. Am 9. Juli 2009 erklärte der Bundesverteidigungsminister schließlich, dass die Bundeswehr das Urteil akzeptiert und den Bombenabwurfplatz nicht in Betrieb nehmen werde. Die Heide war endlich frei.“

Ergebnis der Versammlung in der vergangenen Woche war, dass es eine erneute Veranstaltung in größerem und verändertem Rahmen geben soll.

Quellen:

https://www.kyritz-ruppiner-heide.de/historie/2008.html

www.fluglaerm-kl.de

https://www.nw.de/lokal/kreis_guetersloh/guetersloh/23690664_US-Armee-am-Guetersloher-Flughafen-Angst-vor-Laerm-und-militaerischen-Bedrohungen.html

Nächster Blogpost am 29.10.2023:

  • u.a. Zivilisieren statt militarisieren, warum Konversion so wichtig ist …

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