Ehemaliger Flughafen Gütersloh – Zivile Nutzung statt Remilitarisierung! Nr. 5

Seit Mai 2023 gibt es Hinweise, dass der ehemalige Flughafen Gütersloh erneut militärisch genutzt werden soll. Laut lokaler Medien prüft das US-Militär angesichts des Krieges in der Ukraine, neue militärische Kapazitäten in der Region aufzubauen. Ab Oktober 2023 erhalten Sie hier Einschätzungen, Hintergründe und aktuelle Nachrichten zu den weiteren Entwicklungen.

29.10.2023

Ehemaliges Flughafengelände

Auch zu Ende Oktober gibt es noch keine weiteren Informationen zum Bearbeitungsstand der Anfrage zu einer Nutzung des ehemaligen Flughafens Gütersloh durch die US-Armee.  Dies liegt sicher ein Stück weit an der Natur der Sache: Militärische Entscheidungsprozesse unterliegen in der Regel einer Geheimhaltung und entziehen sich so einer öffentlichen Kontrolle. Umso mehr bleibt einzig, Spekulationen anzustellen, welche Aspekte bei der Entscheidung eine Rolle spielen könnten.

So traurig und bedrückend die Eskalation des Nahostkonflikts seit Anfang Oktober ist, so kann sie bedeuten, dass der Fokus der militärischen Anstrengungen der US-Armee sich für eine Zeitlang von der europäischen Ostflanke in Richtung Mittelmeerraum verschieben wird und dadurch auch der Bedarf an einer neuen US- oder NATO- Air Base Guetersloh gemindert wird.

Eine andere Entwicklung betrifft die amerikanische Innenpolitik: Mit der Wahl eines Trump-Vertrauten zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses wird es wahrscheinlich, dass Militärausgaben, die im Zusammenhang mit dem Schutz der europäischen Ostflanke stehen, reduziert werden, wie es von republikanischen Politikern seit langem gefordert wird. 

Ein dritter Aspekt bezieht sich auf ein eher technisches Detail: In Darstellungen zur Geschichte des Flughafens wird darauf hingewiesen, dass die Start- und Landebahn im wörtlichen Sinne auf Sand gebaut ist. Zwar bestand und besteht die Möglichkeit, dass in Gütersloh auch Maschinen vom Typ einer Boeing 747  landen. Es darf aber bezweifelt werden, ob die Landebahn mit ihrem sandigen Untergrund für eine ständige Nutzung durch schwere Transportmaschinen geeignet ist. Dies wäre bei einer als Nutzung eines Loghub´s (siehe Blogpost Nr. 4 vom 22.10.2023) die Regel. Die jüngst vorgenommenen Probebohrungen werden diesen Umstand mit hoher Wahrscheinlichkeit bestätigt haben.

All dies sind Spekulationen, die aber leider angestellt werden müssen, solange substantiellere Hinweise weiterhin  nicht zur Verfügung stehen.

Die Alternative zur nun im Raum stehende Remilitarisierung ist die sogenannte Konversion, die Umwandlung von militärischer in zivile Nutzung. War ursprünglich damit vor allem eine Umstellung der Produktion in der Rüstungsindustrie  von Rüstungsgütern auf zivile Produkte gemeint, ergab sich  nach dem Ende des Kalten Krieges vor allem in Europa mit der Verwertung militärischer Liegenschaften ein zweiter Schwerpunkt von Konversion.

Seit dem Abzug der Britischen Streitkräfte arbeitet die Stadt Gütersloh und die Nachbarkommunen Harsewinkel und Herzebrock-Clarholz daran, Nutzungsperspektiven für den ehemaligen Flughafen zu entwickeln. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist Eigentümerin und Verwerterin der militärischen Flächen. Zu den Konversionsflächen zählen 349 bundeseigene Wohneinheiten, zwei Kasernen, Sportplätze, Schulen und ein NAAFI-Shop, einem ehemaligen Supermarkt für britische Streitkräfte.

Über den aktuellen Stand der Konversion gibt die Webseite der Stabsstelle Konversion der Stadt Gütersloh Auskunft. Dort heißt es: „Während 2021/ 2022 eine militärische Wiedernutzung durch britische Streitkräfte geprüft wurde, erfolgt seit 2023 die Prüfung einer militärischen Wiedernutzung des Geländes durch US-Streitkräfte. (…) Für den ersten Entwicklungsabschnitt (Teilbereich Nord) des interkommunalen Gewerbe- und Industriegebietes werden die Bauleitplanverfahren durchgeführt (…). 2021 wurden Gebäude und Anlagen in diesem Bereich, darunter die ehemalige Siedlung Parseval-/ Zeppelinstraße, zurückgebaut.“ Für diesen Teilbereich Nord wurde jüngst in der Neuen Westfälischen vermeldet: „Schüco kommt nach Gütersloh. Das Bielefelder Großunternehmen kauft das Filetgrundstück gegenüber vom Flughafen, um einen neuen Standort zu eröffnen.“

Neben den langfristigen Perspektiven gab und gibt es Zwischennutzungen einzelner Gebäude oder Gebäudekomplexe, so als Impfzentren während der Corona-Pandemie oder nun, ab November 2023, als Flüchtlingsunterkunft.

Grob unterscheiden ließen sich bei der bislang verfolgten Flufhafenkonversion Flächen für Gewerbe und Industrie, Flächen für Freizeit und Erholung sowie flächenmäßig am ausgedehntesten Naturraum.

In Zeiten des Klimawandels entsteht für Konversionsprozesse eine neue, zusätzliche Option: Flächen könnten zu einer Aufforstung genutzt werden. Statt startendem und landendem Kriegsgerät und emissionsintensiver Militärlogistik ein neu entstehender Wald als Ersatz für andernorts versiegelte Flächen, Lebensraum für Flora und Fauna und Naherholungsgebiet für die Bevölkerung in der Umgebung.

Doch mit der Anfrage des US-Militärs sind alle zivilen Nutzungsperspektiven für´s Erste auf Eis gelegt.

Quellen:

259n_Guetersloh_Flughafenkonversion.pdf (lwl.org)

Flugplatz – Gütersloh (guetersloh.de)

Stand: 02.11.2023

Nächster Blogpost am 05.11.2023:

  • Manifest: Wir streben eine Welt an, in der der Einsatz von Waffen, das Herbeiführen von Kriegen geächtet wird und gewaltfreie Mittel zur Lösung von Konflikten eingesetzt werden.

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