Seit Mai 2023 gibt es Hinweise, dass der ehemalige Flughafen Gütersloh erneut militärisch genutzt werden soll. Laut lokaler Medien prüft das US-Militär angesichts des Krieges in der Ukraine, neue militärische Kapazitäten in der Region aufzubauen. Ab Oktober 2023 erhalten Sie hier Einschätzungen, Hintergründe und aktuelle Nachrichten zu den weiteren Entwicklungen.
15.01.2024
Während für das Areal des ehemaligen Flughafens Gütersloh die Entscheidung für eine erneute militärische Nutzung weiter aussteht, wird in den aktuellen Konflikten weiter geschossen. Sowohl in der Ukraine und den russischen Grenzgebieten als auch im Gaza-Streifen, im Westjordanland, in Israel, im Libanon finden Angriffe und Gegenangriffe statt. Zehntausende Menschen verlieren ihr Leben. Nach dem Eingreifen der Huthi-Rebellen zugunsten der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen durch Raketenangriffe auf Israel und auf die internationale Schifffahrt haben amerikanische und englische Kampfjets Ziele im Jemen angegriffen. Verzweiflung und Wut wachsen allerorten und werden Nährboden sein für Hass und Gewalt der nächsten Generationen.
Zwar wird zumindest im Fall des Nahost-Konflikt von emsiger Reisediplomatie berichtet, doch sind die Ergebnisse offenbar dürftig. Im Falle der russisch-ukrainischen Kriegs sind die Stimmen, die für Verhandlungen waren, fast gänzlich zum Verstummen gebracht worden.
Wer denkt, Ostwestfalen sei gänzlich unberührt vom militärischen Geschehen, der täuscht sich. Täglich sind Überflüge von Militärmaschinen zu verzeichnen, derzeit vorwiegend vom englischen Militärstützpunkt Brize Norton aus ins Baltikum oder zum Flughafen Rzeszow-Jasionka im Südosten Polens. Mit geschultem Ohr ist immer wieder das sonore Brummen der Airbus 400 M – Maschinen zu hören, die Kriegsgerät an die Front bringen, bzw. im Falle des Baltikums, um die militärische Schlagkraft dort zu steigern.
Der militärische Luftverkehr über der Region macht deutlich, dass eine weitere Airbase neben dem Fliegerhorst Wunstorf nahe Hannover durchaus in militärische Logistikplanungen passen könnte.
Unterdessen werden in den kriegerischen Zeiten Phänomene deutlich, die Militär und Kriegsführung seit jeher auszeichnen: Bricht ein Krieg aus, ist nahezu immer zu vernehmen, wie eine ausgewogene Betrachtung einer Propagandaschlacht weicht. Das beginnt mit dem verbindlichen Wording, das bei den jeweiligen Kriegsparteien eingeführt wird. Während z.B. in Russland von einer „Spezialoperation in der Ukraine“ gesprochen wird, ist im deutschsprachigen Raum die Formulierung „Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine“ gesetzt.
Eine differenzierte Vermittlung des Geschehens weicht einer Art Propaganda, die typischer Weise verschiedene Komponenten umfasst: Offenkundig ist z. B. die Heroisierung von Akteuren der eigenen Seite, z. B. von Wolodimir Selenski, dem ukrainischen Präsidenten. Im Umkehrschluss wird der russische Präsident Wladimir Putin dämonisiert.
Auch der Verlauf des Kriegsgeschehens wird tendenziös dargestellt. Meistens werden die eigenen Operationen als hochwirksam und präzise gegen feindliches Kriegsmaterial dargestellt, während der Feind brutal und rücksichtslos Zivilisten tötet.
Auf beiden Seiten entsteht der Ruf nach Mehr, mehr Waffen, mehr Soldaten, mehr Anstrengungen, um den Sieg erringen zu können. Im jeweils eigenen Land wird der Krieg als unausweichlich beschrieben, als Kampf des Guten gegen das Böse. „Wir müssen unsere Werte verteidigen“ ist dabei ein Argument, was auf allen Seiten formuliert wird. Das ganze bildet eine Spirale, die sich immer weiter dreht.
Zu den Mechanismen gehört auch die Diskreditierung jener, die für ein Schweigen der Waffen, für Verhandlungen, für Kompromisslösungen eintreten. Ihnen wird vorgeworfen, mit dem Feind zu kooperieren, naiv zu sein oder Verrat zu üben.
Zusätzlich zur territoriale Front entsteht dabei in den Kriegs-führenden Gesellschaften eine weitere Frontlinie im öffentlichen Diskurs. Die Kriegsbefürworter unternehmen zielgerichtete Versuche, politische Meinungen oder öffentliche Sichtweisen zu formen, Erkenntnisse zu manipulieren und das Verhalten in eine von ihnen erwünschte Richtung zu steuern.
Was hat das mit einer möglichen Wiederinbetriebnahme des Flughafens Gütersloh für militärische Zwecke zu tun? Der Neuaufbau militärischer Kapazitäten wird derzeit als unausweichlich dargestellt im Kampf des Guten gegen das Böse. Entsprechend rigoros werden die Befürworter einer Remilitarisierung des Geländes in Gütersloh gegen jegliche Kritik zu Felde ziehen, jegliche Legitimität, gegen die Pläne zu sein, wird in Zweifel gezogen werden.
Richtig ist, dass es bei dem Ruf nach Frieden nicht bei einer Formulierung eines Wunsches stehenbleiben darf. Daher verbindet sich die Ablehnung von Aufrüstung in diesem konkreten Fall mit der Forderung nach dem Aufbau einer Infrastruktur für gewaltfreie Konfliktbearbeitung. Dies als Ergänzung zu den bestehenden Institutionen, Initiativen und Strömungen, die traditionell auf der Seite des Friedens stehen: den Kirchen oder auch Initiativen, die traditionell für Pazifismus eintreten. „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, so lautet z.B. die Jahreslosung 2024 der evangelischen Kirche. Auch sie sollte Anreiz sein, den Weg zum Frieden einzuschlagen.
Aufgabe der Büros für gewaltfreie Konfliktbearbeitung soll die breit angelegte Erarbeitung von Friedenslösungen durch Akteure und Akteurinnen der Zivilgesellschaft sein. Eine Lobby gegen militärische Gewalt und für eine Kultur des Friedens und der Versöhnung.
Ökonomische Basis der Büros soll 1 Promille, d.h. ein Tausendstel jener Beträge sein, die vor Ort als Investitionen oder Betriebskosten militärischer Anlagen anfallen.
Quellen / Links:
Facebook-Seite der Initiative für eine friedliche Nutzung des Flugplatzgeländes Gütersloh
Stand: 14.01.2024
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