Ehemaliger Flughafen Gütersloh – Zivile Nutzung statt Remilitarisierung! Nr. 18

Seit Mai 2023 gibt es Hinweise, dass der ehemalige Flughafen Gütersloh erneut militärisch genutzt werden soll. Laut lokaler Medien prüft das US-Militär angesichts des Krieges in der Ukraine, neue militärische Kapazitäten in der Region aufzubauen. Ab Oktober 2023 erhalten Sie hier Einschätzungen, Hintergründe und aktuelle Nachrichten zu den weiteren Entwicklungen.

26.02.2024

Noch für Flugbewegungen gesperrter ehemaliger Flughafen Gütersloh

Bezüglich des Flughafens Gütersloh gibt es einige Neuigkeiten. Die dortige Initiative für die friedliche Nutzung des Flughafens Gütersloh vermeldet als ersten Erfolg ihrer Kampagne einer offiziellen Bürger-Anregung die Behandlung des Themas im Kreisausschuss des Kreises Gütersloh am 26. Februar 2024. Von Landrat Adenauer (CDU) liegt dazu eine Beschlussvorlage vor, die – was wenig überrascht – sich gegen eine Fortsetzung der Konversion (=Umwandlung von militärischer in zivile Nutzung) des Geländes und für eine Remilitarisierung ausspricht. In einem Beitrag der Zeitung „Unsere Zeit“ unter der Überschrift „US-Streitkräfte prüfen Remilitarisierung des Flughafens. Pläne der Kommunen sollen ignoriert werden – Luftkrieg aus Gütersloh?“ wird über die Initiative ausführlich berichtet (siehe Link-Liste unten).

Krieg oder Frieden – derzeit deutet vieles darauf hin, dass allerorten diejenigen die Oberhand gewinnen, die auf Eskalation statt auf Verständigung, auf Waffengewalt statt auf Verhandlungen setzen. In Deutschland nimmt die ausgerufene Zeitenwende Gestalt an und auf allen Ebenen werden Weichen gestellt in Richtung Aufrüstung, Militarisierung und Einsatz militärischer Gewalt. Dabei ist nur allzu offensichtlich, dass vor allem auf allen Seiten die Opferzahlen steigen,  astronomische Summen für Rüstung investiert werden, die an anderer Stelle dringend benötigt würden: Um Hunger zu beseitigen, Nöte von Menschen zu lindern, um das Klima zu retten.

Doch bei allen Vorhaben und Folgen der Zeitenwende formiert sich auch Protest – nicht nur in Gütersloh.

Nahezu Verfünffachung des Aktienkurses: Ende Dezember 2021 bei 83 €, Ende Februar 2024 bei 410 €.

Zum offiziellen ersten Spatenstich der neuen Munitionsfabrik von Rheinmetall in Unterlüß kamen  Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) in der Lüneburger Heide. Unterlüß ist bereits der größte Produktionsstandort des Rüstungskonzerns, neben Munition werden hier auch Militärfahrzeuge wie der Schützenpanzer Puma hergestellt. Am Tag des Spatenstichs gab es eine Mahnwache, Unterlüß wird aber 2024 auch zum wiederholten Mal Ort einer Osteraktion der Friedenbewegung sein. In dem Aufruf mit den zentralen Forderungen Die Kriege müssen enden – die Welt braucht Frieden! Waffenstillstand in der Ukraine und im Nahen Osten sofort! heißt es: 

„Kriege in und am Rande Europas, in der Ukraine und im Nahen Osten, verursachen entsetzliche Zerstörungen, vielfaches Elend und tausendfachen Tod. Die Folgen sind weltweit spürbar. Vor allem der globale Süden leidet, weil durch die massive Aufrüstung Ressourcen fehlen, die dringend gebraucht würden, um Hunger, Krankheit und Umweltbelastung zu überwinden. Zudem ist Krieg ein gewaltiger Klimakiller. (…) Wir treffen uns in Unterlüß, weil wir gegen die Produktion und den Export von immer mehr Waffen, von Panzern und Munition protestieren. Wir warnen vor den Risiken dieser Waffenlieferungen: Sie verschärfen den Konflikt, wirken eskalierend und entziehen sich der Kontrolle, da die Waffen weiterwandern und irgendwo auf der Welt auftauchen und Schaden und Unheil anrichten.“

Auch im Umfeld der Münchner Sicherheitskonferenz, die vom 15. bis 18. Februar stattfand, gab es Demonstrationen: Im zentralen Aufruf des Aktionsbündnisses unter dem Titel Kriegstreiber unerwünscht! heißt es:

„Wie schon seit 60 Jahren treffen sich im Februar 2024 Staatsvertreter, Militärs und Rüstungskonzerne zur Münchner „Sicherheitskonferenz“ (Siko) im Bayerischen Hof. Bei dieser Privatveranstaltung, die u.a. mit Steuergeldern finanziert wird, ging es nie um Sicherheit, sondern immer um die Machtinteressen der NATO und ihrer Mitgliedstaaten – besonders die der deutschen Bundesregierung, die eine militaristische „Zeitenwende“ losgetreten hat und nun das ganze Land „kriegstüchtig“ machen will“ (…) Statt den globalen Herausforderungen mit friedlichen Mitteln zu begegnen, setzen die Macher der Siko auf Gewalt. Doch um globale Herausforderungen zu bewältigen, benötigt die Menschheit den Willen zur Kooperation sowie eine Stärkung der Vereinten Nationen (UN) und anderer Foren, die einen Dialog ermöglichen. Diese Foren werden jedoch von Propagandaveranstaltungen wie der Siko untergraben. Nicht erst seit der Ausladung Russlands und des Irans ist das Motto der Siko „Frieden durch Dialog“ eine Farce.“

Mitte Februar erhielt auch das Thema Atomwaffen gleich zweimal mediale Aufmerksamkeit. Zum einen löste die SPD-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Katarina Barley, mit einer Äußerung zu EU-eigenen Atombomben eine kontroverse Debatte aus, zum anderen wurden von einem republikanischen Abgeordneten in den USA Berichte vom russischen Einsatz von Atomwaffen gegen westliche Satelliten als drohender Krieg im All lanciert. Gegen Atomwaffen und deren Verbreitung engagiert sich die internationale Organisation IPPNW (International Physicians for the Prevention of Nuclear War; Name der deutschen Sektion IPPNW Deutschland – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V.). 1985 erhielt die Organisation den Friedensnobelpreis für ihre „sachkundige und wichtige Informationsarbeit“, die das Bewusstsein über die „katastrophalen Folgen eines Nuklearkrieges“ in der Bevölkerung erhöhte.

Co-Vorsitzende der IPPNW sowie Präsidentin der IPPNW Europa ist die Bielefelderin Dr. med. Angelika Claußen, niedergelassene Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Zu den Grundeinsichten des IPPNW gehört: „Jeglicher Einsatz von Atomwaffen verursacht katastrophales menschliches Leid. Ein Atomkrieg würde das Ende unserer Zivilisation und eine Katastrophe für die Ökosysteme des Planeten bedeuten. Schon ein regional begrenzter Atomkrieg hätte so weitreichende Konsequenzen für das Klima und unsere Landwirtschaft, dass das Leben und die Gesundheit von Milliarden von Menschen bedroht wären. Das Ziel der IPPNW ist es, durch unsere Arbeit dazu beizutragen, einen Atomkrieg zu verhindern. Mit diesem Ziel klären wir über die medizinischen Folgen von Uranbergbau, Herstellung, Testung und Einsatz von Atomwaffen auf und setzen uns für konkrete Abrüstung und ein vollständiges Verbot von Atomwaffen ein.“

Und die Militarisierung des Alltags geht weiter: Ebenfalls in diesen Tagen stach die Fregatte Hessen in See zu dem nach Aussage von Verteidigungsminister Pistorius schwierigsten Einsatz der deutschen Marine seit vielen Jahrzehnten. Im Roten Meer soll die Fregatte im Rahmen der Marinemission „Aspides“ Seewege sichern. Die Huthi-Miliz im Jemen will mit dem Beschuss von Schiffen ein Ende der israelischen Militäroperation im Gazastreifen erzwingen. Die Berichterstattung zum auslaufenden Schiffes erinnert alte Menschen an vergangene Zeiten: Wie in alten Wehrmachtsfilmen bleibt den Angehörigen – meistens Müttern und Ehefrauen – der bedrückende Abschied am Kai. Und in der Berichterstattung über den Besuch des Verteidigungsministers an Bord darf auch eine Portion soldatischen Pathos nicht fehlen: „Die Soldaten an Bord zeigen ihm (Pistorius) das Schiff, erklären ihre Verteidigungsmöglichkeiten. Das Radar, das Angriffe aus einer Entfernung von bis zu 400 Kilometern erfassen kann; die Waffen, die bis zu 150 Kilometer weit reichen. Die Mannschaft ist stolz auf das, was die Fregatte kann.“

Noch nicht entmilitarisiert: Massive Befestigungen am Flughafen-Areal Gütersloh

In Verbindung mit einer Remilitarisierung des ehemaligen Flughafens Gütersloh bleibt die Forderung: 1 Promille von militärischen Aufwendungen für gewaltfreie, nicht militärische Konfliktbearbeitung und – heute mehr denn je – keine Remilitarisierung des Areals in Gütersloh!

Die Initiative für Büros für Gewaltfreie Konfliktbearbeitung befindet sich in ihrer Startphase. Zunächst ist eine virtuelle Präsenz des Büros geplant. Sollte es zu einer Remilitarisierung des Flughafens Gütersloh kommen, steht die Forderung nach 1 Promille der Investitions- und laufenden Kosten einer Airbase Gütersloh für den Betrieb eines „echten“ Büros zur Förderung von gewaltfreier Konfliktbearbeitung im Raum. Die Initiative ist ausdrücklich pazifistisch und anti-militaristisch ausgerichtet und dabei überparteilich und unabhängig von anderen Organisationen.

Aufgabe der Büros für gewaltfreie Konfliktbearbeitung soll die breit angelegte Erarbeitung von Friedenslösungen durch Akteure und Akteurinnen der Zivilgesellschaft sein. Eine Lobby gegen militärische Gewalt und für eine Kultur des Friedens und der Versöhnung.

Quellen / Links:

Facebook-Seite der Initiative für eine friedliche Nutzung des Flugplatzgeländes Gütersloh

Luftkrieg aus Gütersloh? | Unsere Zeit (unsere-zeit.de)

Vorlage 6155 (kreis-guetersloh.de)

Osteraktion 2024 in Unterlüß | Netzwerk Friedenskooperative

sicherheitskonferenz.de | Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz (#antisiko)

Startseite | IPPNW.DE

Pistorius besucht Fregatte „Hessen“ vor dem Einsatz im Roten Meer | tagesschau.de

Stand: 25.02.2024

Nächster Blogpost am 04.03.2024

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